2. Workshop für zukünftige Helfer / Paten – Bericht aus der SZ vom 14. Nov. 2016
Am 12. 11. fand im Zornedinger Martinstadl der 2. Workshop des Helferkreises für interessierte Helfer und Paten statt. Das Motto des Workshops war: „Helfer helfen Helfern“. Der Workshop zeigte, dass in Zorneding die Bereitschaft zu Helfen nicht abgenommen hat!
In dem Beitrag aus der SZ vom 14. Nov. 2016 hebt Frau Karin Kampwerth besonders die professionelle Struktur und die bisher geleistete Arbeit des Helferkreises hervor.
Wie eine kleine Firma
Die festen Strukturen des Zornedinger Helferkreises Asyl erleichtern die Arbeit und die Suche nach neuen Ehrenamtlichen
Von Karin Kampwerth, Zorneding
„Wir haben neun neue Helfer“, ruft Angelika Burwick am Ende aus und die Freude darüber ist ihr ins Gesicht geschrieben. Alle Interessierten, die sich für einen Workshop des Zornedinger Helferkreises Asyl unter dem Titel „Helfer helfen Helfern“ angemeldet hatten, haben im Anschluss an die Veranstaltung am Samstagvormittag ihre Bereitschaft erklärt, sich zu engagieren. Wohl auch, weil Organisation in diesem Fall alles ist.
Eine Redewendung, die auf den Zornedinger Helferkreis, dessen Vorsitzende Burwick ist, im besonderen Maß zutrifft. Denn weil sich der Verein Strukturen gegeben hat, die an eine kleine Firma erinnern, engagieren sich nach wie vor 90 Ehrenamtliche für die derzeit 48 in der Gemeinde untergebrachten jungen Männer. Im kommenden Frühjahr soll in Pöring ein neues Containerdorf gebaut werden, in das bis zu 64 Asylsuchende einziehen können. Der Verein hat deshalb den Workshop organisiert, um weitere Zornedinger zu finden, die den Neuankömmlingen zur Seite stehen und den Verein mit seinen zehn Arbeitskreisen oder „Abteilungen“, wie sie von Burwick genannt werden, unterstützen können.
Mit Erfolg, denn die Workshop-Gäste wussten nach kurzweiligen drei Stunden im Martinstadl, was auf sie zukommt, wenn sie beitreten. Das lag unter anderem an drei Zornedingerinnen, die mit ihren Schützlingen gekommen waren, um von Erfahrungen und Alltag als Patinnen zu berichten – Freudigem genauso wie Frust. Françoise Brodkorb erzählte, wie Seid Adem, der als Analphabet aus Eritrea nach Deutschland geflüchtet war, hier Lesen und Schreiben gelernt und als erste schriftliche Botschaft Brodkorb ein Brieflein überreichte, auf dem stand „Ich bin glücklich“. Die Zornedingerin berichtete aber auch von den Schwierigkeiten, Flüchtlingen das deutsche Verständnis von Zeit und Terminen zu vermitteln, wenn andererseits der Umgang mit ihnen von Seiten der Behörden mitunter inakzeptabel sei. Adem zum Beispiel hatte an einem Dienstag um 8 Uhr morgens einen Termin bei der Münchner Außenstelle des Amtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Er musste stundenlang warten, um dann auf den nächsten Tag vertröstet zu werden. Auch da sei er wieder pünktlich zur Stelle gewesen. Dran gekommen sei er dann aber erst am Mittwochnachmittag um 16 Uhr, so Brodkorb.
Ähnliches berichtete auch Bettina Kehl, die sich um Seyou Samaki aus Mali kümmert. Der junge Mann hatte sehnsüchtig auf seine zweite Anhörung gewartet, doch der Brief, der einen Termin um acht Uhr morgens nannte, brauchte zehn Tage, bis er den Berufsschüler erreichte. Leider erst am Mittag des Tages der Anhörung.
Lisa Heil hingegen erzählte, wie unterschiedlich der Zeitaufwand gewesen sei, mit dem sie sich als Patin für Misgna Tesfaalem aus Eritrea im vergangenen Jahr gekümmert hatte. „Erst haben wir uns nur eine Stunde pro Woche zum Kaffee trinken und deutsch sprechen getroffen“, sagte Heiß. Dann sei es aber mit der Jobsuche los gegangen. Bewerbungen schreiben, Vorstellungstermine organisieren, das habe einige Stunden mehr in Anspruch genommen. Seit Juli hat Tesfaalem nun eine Anstellung, „und seitdem“, sagte Heiß mit einem Lächeln, „hat er eigentlich kaum noch Zeit für mich.“
Weil Flüchtlingshelfer mitunter aber dazu neigen, sich zu überfordern, weil sie aushalten müssen, wenn ihr Schützling abgeschoben wird oder weil sie sich als Vormund statt als Unterstützer eines erwachsenen Menschen missverstehen, war Ursula Erb von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen gekommen. Erb lobte die Zornedinger Strukturen als vorbildlich, erklärte aber auch den Umgang mit Menschen aus fremden Kulturen. Etwa mit dem Ratschlag, sich wie Konrad Lorenz zu fühlen und die Flüchtlinge als dessen Gänse anzusehen. Erb schärfte auch den Blick für eine gesunde Distanz zu den Flüchtlingen. „Machen Sie es wie Pflegeeltern, nicht wie Adoptiveltern.“
Dass das gelingen kann, davon überzeugten Angelika Burwick und Alfred Nowosad vom Arbeitskreis Paten die Gäste mit klaren Arbeitsaufträgen. „Als Paten sind Sie erster Ansprechpartner Ihres Schützlings.“ Fragen und Probleme lösten aber die Arbeitskreise, die sich mit Behördengängen genauso wie mit Alltagsbegleitung bis hin zu Sprache, Sport und Spiel beschäftigen. „Sie müssen nur wissen, wo sie im Helferkreis hingreifen müssen“, sagte Burwick.
Süddeutsche Zeitung Landkreise EBERSBERG Montag, 14. November 2016 Ebersberg Seite R7
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